Preisträger im Doppelpack: Sigi Sommer Taler für Marianne Sägebrecht und Chris Boettcher:Preisverleihung der Gesellschaft Narrhalla  im „Wirtshaus im Schlachthof“ (20.11.2022)

2 für 1. Ja, ist denn schon „Black Week“ bei der Narrhalla? Gleich zwei Preisverleihungen an einem Abend! Weil die jährliche Verleihung des Münchner Kunst- und Kabarettpreises „Sigi Sommer Taler“ (benannt nach dem Schriftsteller und Zeitungsschreiber „Blasius, der Spaziergänger“) coronabedingt entfallen musste, wurde die Ehrung bei der diesjährigen Preisverleihung nachgeholt.

Marianne Sägebrecht ist Preisträgerin 2020 - überreicht wurde der Sigi Sommer Taler am 20.11.2022

Deshalb standen gleich zwei Bühnen-Hochkaräter auf der Bühne: die wunderbare Schauspielerin Marianne Sägebrecht (Preisträgerin 2020) und der einzigartige Chris Boettcher (Kabarettist, Imitator, Musiker und neuerdings Sänger mit Big Band) für 2022. Ein Ehrungs-Doppelpack also, der mit Reden und Darbietungen zu einem proppevollen Bühnenprogramm wurde - und bei den Organisatoren (federführend: Beatrice Nawrath) für Schweißperlen ob des einzuhaltenden, straffen Zeitplans sorgte.

Klar, der Gastgeber (Narrhalla-Präsident Günther Grauer) will was sagen. Der Moderator des Abends (Musikkabarettist André Hartmann) sowieso.

Dazu - logisch - die Laudatoren Roland Hefter und Josef Brustmann. Die ausgezeichnete Marianne und der hochgelobte Chris hatten ebenfalls „was vorbereitet“.

Chris Boettcher ist Preisträgerin 2022 - überreicht wurde der Sigi Sommer Taler am 20.11.2022

Und dann war da auch noch ein Gast aus Franken, der köstlich-freche Martin Rassau, Taler-Preisträger von 2019 (gemeinsam mit Spezl Volker Heissmann, seit kurzem Präsident des Fußballvereins Greuther Fürth) mit einem Gastauftritt.

Martin Rassau bei einer Zwischeneinlage im Wirtshaus im Schlachthof am 20.11.2022

Alle Darbietungen sorgten für hohen Unterhaltungswert, wenn in Erinnerungen geschwelgt, ein bisserl getrascht und viel gewitzelt wurde:

Kabarettist Martin Rassau verriet, backstage, in der gemeinsamen Garderobe, hätte er der Frau Sägebrecht jedes Wort aus der Nase ziehen müssen.

Ach so? Die vielseitige Künstlerin hatte sich anscheinend die Anzahl gesprochener Worte pro Tag für ihren Auftritt auf der Bühne aufgehoben. Denn sie plauderte und plauderte: von den Zeiten im Schwabinger Mutti-Bräu bis zum von ihr erst kürzlich abgelehnten, internationalen Werbedeal für ein Papierwischtuch. Über das für sie wichtige Engagement für ein Hospiz und von ihren Plänen fürs nächste Jahr (Reise ins südamerikanische  Surinam). Zwischenfrage an Tochter Dani, die nah an der Bühne sitzt: „Wieviel Redezeit hab ich noch?“

Marianne Sägebrecht ist Preisträgerin 2020 - überreicht wurde der Sigi Sommer Taler am 20.11.2022

Ihr Wecker sei ihr nämlich aus der Garderobe gestohlen worden! Eieiei… Okay, noch fünf Minuten. Nur als Anhaltspunkt zu verstehen, es wurde überzogen. Aber man hört der Schauspielerin bei den flott hintereinander gereihten Themen gerne zu, denn das Multitalent (sie schreibt u.a. Kräuterbücher, ist Fotografin und Malerin „meine Bilder kann man nicht kaufen, die werden verschenkt“) trägt das Herz auf der Zunge und ist ob des Kino-Ruhms in Hollywood doch so angenehm bodenständig geblieben.

Der Preis freut Marianne Sägebrecht ganz besonders und sie hält die kleine Trophäe mit dem Taler fest an sich gedrückt, hat sie den Preis-Namensgeber Sigi Sommer doch persönlich gekannt. Und dann lässt sie die Katze aus dem Sack: Der Sigi hat ihr damals Avancen gemacht. Aber sie hat ihn abblitzen lassen! Einfach so.

Auch wenn’s an dieser Stelle besonders spannend geworden ist, muss Moderator Hartmann einschreiten und die Preisträgerin sanft von der Bühne schieben. Man war schon ziemlich in Verzug. Mariannes Wecker ist dann übrigens doch wieder aufgetaucht.

Bis zum nächsten Preisträger knallt Martin Rassau dem Publikum die Gags nur so um die Ohren, z.B. zum Thema „Gendern“: „Des wird „tschendern“ ausgesprochen. Gendern würde der Sachse sagen, wenn der Kahn sinkt“. Oder grinst sich eins über Vegetarier. „Kennt ihr den Kräuter-Budda? Die Gottheit der Veganer“. Und er weiß auch: „Veganer hat’s auch in der Steinzeit gegeben. Na, hast nix gfanga?“

Die Stunde nach der Pause gehört ganz dem diesjährigen Preisträger. Chris Boettcher hat nämlich viel mehr zu bieten als „nur“ den Wiesn-Hit „10 Meter gehn“. Wobei - so einen Wiesnhit muss man auch erst mal schaffen!

Showeinlage am Kuhklavier: Chris Boettcher ist Preisträgerin 2023 - überreicht wurde der Sigi Sommer Taler am 20.11.2022

Der Brauersohn aus Ingolstadt musste einfach ins Show-Biz - wer seit Kindheitstagen über einer Künstlerkneipe gewohnt hat, dem war ein musikalischer Weg vorgegeben. Gleich mit seiner ersten eigenen Band „Slip 33“ konnte er überregionale Erfolge verzeichnen. Weiter ging’s als Moderator bei Münchner Radiosendern, er wurde zum „Frühaufsänger“ bei Antenne Bayern und legendär mit seiner Comedy „Lothar & Franz“.

Die Laudatio auf den Chris hielt Roland Hefter (Musiker und Münchner Stadtrat). Hefter war so aufgeregt („meine allererste Laudatio“) und spielte sich an der Gitarre für den großen Moment erst mal warm. Danach lobte er: „Chris hat die große Gabe, die Menschen zum Lachen zu bringen. Ein Comedian mit Kult-Status und aus der Münchner Kulturszene nicht mehr wegzudenken“. Beim Spazierengehen haben sich Hefter und Boettcher kennengelernt, beide Vollblutmusiker mit dem gleichen Sinn für Humor. Den Unterschied macht die Frisur: Hefter trägt schulterlang, beim Chris ist es kurzes, inzwischen ergrautes Haupthaar.

Beim Treffen in der Garderobe zeigt er später auf eine Popcorn-Tüte aus den Museumslichtspielen, darauf zu sehen eine Szene aus der Rocky Horror Picture Show - „Frank’n Furter“ mit Pumps und Strapsen. „Schau, so hab ich vor Corona ausgeschaut“ nimmt sich Boettcher selbst auf den Arm. Heute trägt er Hemd und Weste, „färben tu’ ich nicht“ und deutet auf die grauen Strähnen.

Bei seiner Showeinlage ist der Chris ganz in seinem Element. Wer diesen Mann auf seine Bühne einlädt, bekommt eine Fußballmannschaft dazu, denn der Chris bringt mit: den Loddar Maddäus, den Franz, den Olli Kahn, den Jogi und dazu Stoiber, Söder, Sarkozy und Frau Merkel.

Und alle können sie sogar singen! Zumindest wenn Chris Boettcher an seinem „Kuh-Board“ sitzt. Gar nicht mehr weglassen wollte das Publikum den Sänger und Spaßmacher.

Und als Dank für die schöne Auszeichnung (Chris ist jetzt in bester Gesellschaft zwischen Ottfried Fischer, Lisa Fitz, Konstantin Wecker u.v.a.m.) brachte Chris noch einen Song aus seinem Big Band Programm. Super schön gesungen, das swingt. Mehr von Chris Boettcher gibt’s im „Schlachthof“ erst wieder am 21. Dezember 2022, mit der neuen Comedy: „Immer dieser Druck!“

Es applaudierten und hatten viel Spaß: BR-Moderatorin Usch Dämmrich von Luttitz, Galerist Wolfgang Roucka, Marian Schulz (Konsulin von Venezuela), Musiker Wolfgang Köbele (Münchner Zwietracht), Michael Möller (Hofbräu München), Axel Munz (Trachten Angermaier), Karin Söhnges

Gaby Hildenbrandt

Bisher wurden mit dem Taler-Kunstpreis die Schauspielerin Erni Singerl (2001), der Kabarettist Christian Springer (2002), die Kabarettistin Lisa Fitz (2003), das Urgestein der bayerischen Kabarett- und Liedermacherszene Fredl Fesl (2004), der Liedermacher und Komponist Konstantin Wecker (2005), der Kabarettist Markus Barwasser (alias „Erwin Pelzig“) (2007), Münchens Oberbürgermeister Christian Ude, der „singende Schauspieler“ Michael Lerchenberg (2008), der Sport-Moderator und Kabarettist Waldemar Hartmann (2009), Michael Gräter und Andreas Giebel (2011), 2012 Ottfried Fischer, 2013 Monika Gruber, 2014 Joseph Vilsmeier, 2015 Hans-Jürgen Buchner von Haindling, 2016 Luise Kinseher, und 2017 Günther Grunwald ausgezeichnet.

Info: www.sigi-sommer-taler.deEinlass ab 18 Uhr, Programmbeginn ab 19.00 Uhr

Die Sigi-Sommer Taler der letzten Jahre gingen an

- für das Jahr 2001 an die beliebte Volksschauspielerin Erni Singerl
- für das Jahr 2002 an den jungen Kabarettisten Christian Springer .
- für das Jahr 2003 an die kurz zuvor durchs Dschungelcamp noch bekannter gewordene Lisa Fitz
- für das Jahr 2005 an Konstantin Wecker
- für das Jahr 2006 an OB Christian Ude
- für das Jahr 2007 Frank Markus Barwasser
- für das Jahr 2008 Michael Lerchenberg
- für das Jahr 2009 Waldemar Hartmann
- für das Jahr 2011 Michael Grater und Andreas Giebel
- für das Jahr 2012 Ottfried Fischer
- für das Jahr 2013 Monika Gruber
- für das Jahr 2014 Joseph Vilsmaier
- für das Jahr 2015 Hans Jürgen Buchner (Haindling)
- für das Jahr 2016 Luise Kineher
- für das Jahr 2017 Günther Grünwald
- für das Jahr 2018 Helmut Schleich
- für das Jahr 2019 Volker Heißmann und Martin Rassau

Sigi Sommer starb 1996, doch wir Münchner können ihn immer noch lächeln sehen, in Metall gegossen, als Statue am Roseneck. Kein Münchner Denkmal wird so oft gestreichelt wie dieses, vor keinem anderen so oft Blumen niedergelegt.

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