Lack, Latex und dazu ein „Griaß di“ vom „Vogelhändler“ - Der Operetten-Klassiker im frischen Look am Gärtnerplatz (Gärtnerplatztheater)

Leer gekauft! Die Bestände an Lack- und Latexstoffen sind erst mal so gut wie weg. Die rd. 60 Mitwirkenden in der neuen „Vogelhändler“-Inszenierung im Gärtnerplatztheater tragen allesamt Kostüme aus dem knautschig-glänzenden Material (Design: Alfred Mayerhofer). Dirndl oder Lederhose, ob Braut oder Hochwürden - weil Regisseur Bernd Mottl ein „künstliches, grell- buntes Operettenland“ darstellen wollte, sehen die Künstler auf der Bühne ein bisserl wie Playmobil-Figuren aus.

Doch der entscheidende Unterschied zum Spielzeug: Alle können ganz wunderbar singen! Der Operettenklassiker „Der Vogelhändler“ von Carl Zeller bietet so viele bekannte Melodien, ist eine veritable Hit-Maschine.

Wie in jeder guten Operette braucht’s Verwicklungen, Verirrungen, ein Happy End und drumherum viel Musik. So geht’s auch beim „Vogelhändler“ ganz schön turbulent her: Die Landesmutter reist ihrem Gatten, dem Kurfürsten, hinterher, weil der sich gerne auch von anderen Frauen schöne Augen machen lässt.

Nach Bayrischzell zur Jagd will er. So, so. Die Fürstin (Sophia Brommer) kommt heimlich als „Bauernmädchen“ verkleidet nach. Keine Spur vom Herrn Gemahl. Oha! Dafür trifft sie - aber hallo!  - den attraktiven Vogelhändler (zur Entstehungszeit der Operette waren Kanarienvögel aus Südtirol der Renner!) und beide singen das romantische Duett „Schenkt man sich Rosen in Tirol“.

Doch es gibt einen weiteren „Fan“ des feschen Tiroler Buam (Matteo Ivan Rašić) : die charmante Postbotin des Ortes, ganz doll verliebt in den Adam. Wobei der Vogelhändler schon ein eher lockerer Vogel ist und keine Lust auf eine ordentliche Anstellung hat, um genug Diridari für ein künftiges Leben zu zweit zu verdienen. Darauf legt die „Christel von der Post“ nämlich großen Wert  (Julia Sturzlbaum darf den nächsten Hit singen, mit einer Perücke, die farblich zu den gelben Postbotin-Strümpfen passt - Corporate Identity bis in die Haarspitzen).

"Christel von der Post" Julia Sturzlbaum

Korruption, Spielsucht (der immer klamme „Graf Stanislaus“ (Gyula Rab) balzt die reiche Baronin - Regina Schörg - an) und Frauen-Power - alles für die damalige Zeit erstaunliche Themen in einer Operette! Schon am Premierenabend im Januar 1891 war das Stück ein Riesen-Erfolg - und die Melodien wurden unsterblich: „Griaß Euch Gott, alle miteinander“, „Wie mein Ahnl 20 Jahr“, „Ich bin der Prodekan“ (köstlich witzig Juan Carlos Falcón und Lukas Enoch Lemcke als die „Professoren Süffle und Würmchen“ mit übermütiger Tanzdarbietung), „Als geblüht der Kirschenbaum“, die Walzer „Schau mir nur recht ins Gesicht“ und „Fröhlich Pfalz, Gott erhalt’s“. Anthony Bramall (Musikalische Leitung) hat in der Partitur so viele Stellen entdeckt, zu denen man auch ganz wunderbar schuhplatteln könnte. Diese Fassung vom „Vogelhändler“ spielt ja schließlich in Bayern. Und so wurden die zünftigen Schwuhplattler engagiert, die fleißig eingebaut wurden und sogar beim langsamen Walzer von den „Rosen in Tirol“ ihre Künste - in Zeitlupe - präsentieren. Und auch Tenor Matteo Ivan Rašić (gebürtiger Südtiroler) fand Gefallen an der „Plattlerei“ und studierte für seinen „Vogelhändler“ extra ein paar Schritte ein.

Viel Applaus in der ausverkauften Aufführung und glückliche Menschen, die mit so manchem Ohrwurm den Nachhauseweg antraten…

Gaby Hildenbrandt

Der Vogelhändler
Operette von Carl Zeller
Münchner Fassung
Regie: Bernd Mottl
Staatstheater am Gärtnerplatz

Nächste Termine im Februar: 7., 11. und 13.2.24

Weitere Termine, Infos und Tickets: www.gaertnerplatztheater.de

Gaby Hildenbrandt

Fotos: Marie-Laure Briane / Staatstheater am Gärtnerplatz

Staatstheater am Gärtnerplatz
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