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Keine Angst vor ernsten Themen - Der Bestseller „Wüstenblume“ begeistert als Musical im Deutschen Theater noch bis 15.20.2023 |
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11 Millionen verkaufte Bücher. Donnerwetter, das ist ja mal ‘ne Zahl. Diese beeindruckende Menge an Lesern auf der ganzen Welt hat Waris Dirie mit ihrer Autobiografie, die 2009 auch verfilmt wurde, erreicht. Der Vorname „Waris“ bedeutet in ihrer Heimat Somalia „Wüstenblume“. Aber der schöne, poetische Name kann nicht das Grauen mindern, dass die Eltern ihrem Kind angetan haben: brutale Genitalverstümmelung im Alter von fünf Jahren, Zwangsheirat im Teenager-Alter. Ganz normal - auch heute noch - in Afrika, denn so will es die Tradition.
Beim Namen Waris Dirie denkt man zunächst an die Aktivistin im Einsatz gegen die Beschneidung von Frauen. Doch das Leben der beeindruckenden Frau bietet noch so viel mehr Stoff für eine Erzählung als „nur“ das Verbrechen an Mädchenkörpern, das die Frauen ein Leben lang begleitet.
Die lange Flucht aus Somalia durch die Wüste, Hunger und Not, versuchte Vergewaltigungen - ein Job als illegale Putzfrau in London ist ein erster Schritt raus aus dem Elend. Schließlich wird Waris Dirie filmreif auf der Straße entdeckt, wird zum Top-Model auf den Laufstegen der Welt. Das triste Leben der stolzen Somali endet mit einem Happy End. Und das faszinierte den Erfolgsproduzenten und Komponisten Uwe Fahrenkrog-Petersen an Waris Geschichte. Es inspirierte ihn zu vielen Songs diverser Stilrichtungen.
Und in einer Club-Szene wird zu „99 Luftballons“ getanzt - Fahrenkrog-Petersen zitiert damit seinen eigenen Top-Hit, einst sogar Number One in den US-Charts. Mit einem Team bewährter Musical-Experten (Gil Mehmert schrieb das Buch, Frank Ramond die Liedtexte, Koen Schoots lieferte die Arrangements) entstand rund um seine Songs ein Musical.
Und dabei geht es eben nicht nur um das ernste Thema Beschneidung und es wird „drumherum“ gesungen und getanzt. Nein. „Das Stück hat eine packende Story, es ist dramatisch, man muss weinen, kann lachen - und es hat eine positive Ausstrahlung“, erklärt Fahrenkrog-Petersen. „Man geht aus dem Saal und und denkt: Jetzt kann ich die Welt retten“. Genau so erlebt man das rd. zweistündige Musical (Erstaufführung 2020 in St. Gallen). Man lacht und weint mit der Hauptperson, gespielt von Kerry Jean, die einfach großartig in die Rolle der echten Waris schlüpft. Zusammen mit Denise Lucia Aquino schafft sie den Gänsehaut-Moment des Stücks: Die scheue „Waris“ hat sich mit der fröhlichen „Marilyn“ angefreundet, die sich nur für Musik, Tanzen und Männer interessiert. Beide Frauen singen ein Duett über Gefühle „Erinnerst du dich?“.
Bei Marylin (Denise Lucia Aquino) ist das Kribbeln im Bauch ein Vorzeichen prickelnder Lust und einer wilden Nacht voller Sex. Waris/Kerry singt die zweite Strophe - ein anderer Text, denn Gefühle im Körper haben bei Waris einen anderen Grund. Es überfällt sie in diesem Moment wieder das Erlebnis der Beschneidung und die schmerzhaften Folgen. Zwei Frauen, zwei Erinnerungen, zwei Power-Stimmen - ein klasse Duett. Hörenswert ist auch die Ballade von Joachim Kaiser als Mr. O’Sullivan, einem einsamen etwas schmuddeligem Iren, der mit Waris gegen Geld eine Scheinehe eingeht, um ihre Ausweisung zurück nach Somalia und damit zurück ins Elend, zu verhindern. Dieser Mr. O’Sullivan hat seinen eigenen Grund, Waris zu helfen. „Allein sein“ -tief Luft holen, wie intensiv er diesen Titel vorträgt.
So hat das Publikum gleich mehrere Gründe, den Sängern, Tänzern und der vierköpfigen Band eine große Portion Applaus in Richtung Bühne zu schicken - und auch die wahre Waris freut sich über Standing Ovations. Bei der Premiere war die Frau, die ihre eigene Geschichte auf der Bühne verfolgte, anwesend. Sie, die so viel in ihrem Leben überleben musste, macht sich schon lange keinen Kopf mehr, was andere über sie denken. So erscheint sie im zum Schlussapplaus auf der Bühne im durchsichtigen Top, ohne BH. So what? Schaut mich an, ich hab’s trotzdem geschafft - scheint ihr Gesicht zu sagen. „Acht Tausend“ -mit einer ebenfalls erstaunlichen Zahl wird das Publikum mit dem letzten Song der Show nach Hause geschickt. Denn „Acht Tausend“ Mädchen werden in Afrika beschnitten. Jeden Tag. PS: Am Schluss noch ein Kompliment für diesen besonders kreativen Einfall: Das Plakat zum Musical zeigt eine schöne Frau in einem bauschigen Abendkleid, gold-orange, sicher Haute Couture. Bei genauerem Hinsehen erkennt man die Umrisse des afrikanischen Kontinents als Rock und die angedeutete Stickerei sind eigentlich die Skylines von New York und London, umrahmt von zahlreichen Wurzeln und Gräsern, verbunden mit dem afrikanischen Boden. Text: Gaby Hildenbrandt „Wüstenblume“ - Das Musical Nur noch bis 15. Oktober 2023 im Deutschen Theater München www.deutsches-theater.de
Infos und Ticketbuchung auch unter www.deutsches-theater.de
- Aktuelle Aufführungen im Deutsches Theater (weiter) Deutsches Theater Infos und Ticketbuchung auch unter www.deutsches-theater.de 04.–15.10.23 im Barocksaal Im Rahmen der Deutschlandpremiere des Musicals „Wüstenblume“ nach dem Bestseller von Waris Dirie, präsentieren wir eine Ausstellung der Autorin, die sich seit geraumer Zeit auch der Malerei widmet. „Die Farben meiner Bilder repräsentieren die Natur und das Licht Afrikas. Natur ist meine Inspiration. Ich folge ihr, und wenn ich das tue, lande ich immer in einem Paradies, in dem ich für immer bleiben möchte“, erklärt Waris Dirie. „Meine Bilder stehen für den Frieden und das Paradies im Allgemeinen. Niemand kann fühlen, was ich fühle, aber ich versuche, meine Gefühle durch die Farben meiner Bilder zu vermitteln. Kommen Sie und wagen Sie selbst einen Blick, es liegt an Ihnen, was Sie tatsächlich sehen möchten!“ NATUR UND FREIHEIT AUF DER LEINWAND Waris Dirie: Ich wusste immer, dass ich malen würde. Am Anfang war ich ängstlich und unsicher. Ich hatte nie eine Lehre, einen Kurs oder eine Ausbildung absolviert. Ich wusste nicht, wie man malt, wie man mit den Materialien umgeht, ich hatte nie einen Pinsel in der Hand. Alles, was ich bin, alles, was mich weiterbringt, hat mich das Leben gelehrt. Das Leben ist meine Universität. Ich wusste nur, dass ich bereit war, zu lernen, und so habe ich es mir selbst beigebracht. Ich wollte sehen, was ich schaffen kann. Ich wollte nicht zu einem Lehrer oder Künstler gehen. Ich wollte es selbst tun, so wie ich es mein ganzes Leben lang gemacht habe. Beginne ich mit einem neuen Bild, ist es jedes Mal die gleiche Prozedur. Ab dem Moment, in dem ich den Pinsel in die Hand nehme, über die Leinwand streiche, bin ich bei der Sache. Ich gehe wie durch eine Tür, betrete einen Raum, in dem pure Freude herrscht. Ein Raum voller Freiheit, Fantasie, Furchtlosigkeit, alles, was ich tun möchte, kann ich plötzlich tun. Es gibt nichts Schöneres und Kraftvolleres als das Gefühl der totalen Freiheit. Ich weiß nie, wie lange ich beschäftigt war. Dann trete ich zurück, schaue mir mein Bild an, und wenn mir gefällt, was ich sehe, lasse ich es wirken. Es gibt nur drei Dinge, die mir dieses Gefühl der völligen Zufriedenheit schenken können: Die Natur kann mich an diesen Ort bringen. Musik kann mich an diesen Ort bringen. Und die Kunst kann mich an diesen Ort bringen. Diese drei Dinge sind meine Sensoren, die mich leiten. Es gibt keine Wertung, keine Grenze, nichts … Nur ich, meine Seele, mein Geist, meine Vorstellungskraft. Die Farben meiner Bilder repräsentieren die Natur und das Licht Afrikas." (Waris Dirie)
ÖFFNUNGSZEITEN 04.–15. Oktober
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